Ölpreis als Indikator für den Aktienmarkt?
Von
Tim Grüger
Geschrieben auf
July 14, 2017
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Öl und Aktien? Wie sieht die Korrelation von Ölpreis, Forex und Aktienmarkt aus? Wir haben es analysiert und hier ist das überraschende Ergebnis.
Die landläufige Meinung zum Thema Öl und Indizes, lautet:
„Wenn der Ölpreis steigt, sinkt der Dax. Wenn der Ölpreis jedoch sinkt, ist das gut für die Aktienmärkte“
Ob dies aber wirklich stimmt, habe ich im folgenden Artikel untersucht.
Die Gründe für diese Annahme sind zunächst logisch:
Ein fallender Ölpreis sorgt für eine niedrige Inflation und eine zu geringe Inflation zwingt die Notenbanken zur Absenkung der Leitzinsen. Durch geringe Leitzinsen werden alternative, feste Geldanlagen unattraktiv und die Anleger trauen sich an die Aktienmärkte, auf der Suche nach Rendite.
Die erhöhte Nachfrage an den Aktienmärkten durch abgezogenes Geld von Sparbüchern, Tagesgeldkonten oder nicht verlängerten Festgeldern lässt die Kurse dort steigen.
Dadurch werden primär Unternehmen interessant, die für die Produktion und Unterhaltung Ihrer Waren Öl benötigen, da diese nun Einsparungen bei den Ausgaben haben und dies sich positiv auf den Gewinn auswirkt. Hierzu zählt das produzierende Gewerbe, die Dienstleister für Logistik, Auto- und Flugzeugbranche sowie die Verbraucher.
Auf der anderen Seite stehen aber u.a. die Öl- und Fracking-Industrie. Hier arbeiten allein in den USA mehrere hunderttausend Angestellte. Sollte der Ölpreis dauerhaft niedrig bleiben, so wird es in diesen Firmen zu Entlassungswellen kommen. Diese führen dann zu einer geringeren Nachfrage durch die Verbraucher, wodurch der kompletten restlichen Wirtschaft geschadet würde.
Wenn man die Zulieferer mit einberechnet, sind hier mehrere Millionen Arbeitsplätze betroffen.
In Europa sind Großbritannien und Norwegen die Nationen, die ein dauerhaft niedriger Ölpreis am schwersten treffen würde. So hat Norwegen sich schon in den vergangenen zwei Jahren Gelder aus dem eigenen Staatsfonds ausgezahlt um das Haushaltsdefizit aufgrund der niedrigen Ölpreise auszugleichen.
Kommen wir zur Korrelation der Aktienmärkte und dem Ölpreis.
Die Korrelation zeigt uns, ob es eine Abhängigkeit bzw. Verbindung zwischen den beiden Assetklassen gibt. Wenn Öl steigt, steigen Aktien dann auch? Oder ist es vielleicht umgekehrt?
Schauen wir uns hierfür einfach zunächst zwei längerfristige Charts an.
Wir sehen im Dax eine längerfristige Seitwärtsbewegung (1971-1983) diese bewegt sich in etwa um die 500 Punkte Marke. Anfang/Mitte der 80er Jahre konnte der Dax sich dann aus der Bewegung lösen und machte sich auf den Weg in Richtung Norden.
Sein Hoch erreichte der Dax dann Ende 1987, bevor es kurzzeitig für ca. ein Jahr zu einem Rücksetzer kam. Anschließend ging es wieder weiter bergauf, bis im Jahr 1991 ein Rücksetzer auf 1.500 Punkte erfolgte.
Nach diesem weiteren Rücksetzer ging es anschließend um etwa 300% aufwärts bis Ende der 90er die 6.000 Punkte Marke erreicht wurde. Nach einem weiteren Rücksetzer um ~33% folgte anschließend eine Verdoppelung von 4.000 auf 8.000 Punkte, ehe der „Neue Markt“ zusammenbrach und die Kurse um 75% einstürzten.
Von 2.000 ging es dann wieder um 300% aufwärts zu den bekannten 8.000 Punkten. Aber auch die hielten nicht allzu lange und die Finanzkrise sorgte wieder für einen Absturz der Märkte auf diesmal ~4.000 Punkte. Von dort aus ging es dann auf zu einem aktuellen Stand von ~12.600 Punkte.
Was machte nun der Ölpreis in dieser Zeit?
Wir sehen eine Seitwärtsbewegung, bis es Anfang/Mitte 1986 zu einem Einbruch von etwa 50% kommt. Eine starke Aufwärtsbewegung, die aber noch im selben Jahr korrigiert wird, erfolgt 1991.
Anschließend folgt wieder eine Seitwärtsbewegung bis ins Jahr 1997 hinein. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt noch einmal eine Halbierung des Ölpreises, bis Anfang 1999. Hier kommt es zu mehr als einer Verdoppelung von ~15$ auf 38$.
Zusammenfassend erlebte der Ölpreis eine ausgedehnte Seitwärtsbewegung von 1983-2004 in einer Spanne von 15-40 USD. Erst Anfang 2005 konnte der Ölpreis aus dieser ausbrechen und stieg seitdem um mehrere hundert Prozent auf in der Spitze ~145$.
Nach einem Einbruch in der Finanzkrise auf ~30$ folgte eine Erholung auf 100$ bis es zum bis heute andauernden Preiskampf der OPEC kam, welcher bis heute andauernd und die Preise drückt.
Wir sehen also, dass es keine Übereinstimmung zwischen dem Aktienmarkt (stellvertretend durch den Dax) und dem Ölpreis gibt. Es gibt Phasen in denen es eine positive Korrelation gibt, in anderen Phasen ist diese dann aber plötzlich negativ.
Es kommt dabei auf viele äußere Faktoren an. Vor allem der Ölpreis kann durch viele verschiedene Einflüsse (OPEC, Kriege, neue Technologien etc.) getrieben werden. Von diesen Einflüssen wirken aber nicht alle gleich auf die Basiswerte. Einige helfen sowohl den Unternehmen als auch dem Ölpreis, von anderen profitiert aber nur eine Seite.
Schauen wir uns dazu auch noch einmal die berechnete Korrelation zwischen dem Aktienmarkt und dem Ölpreis an. Ein Wert von +1,0 bedeutet, dass sich die Aktienmärkte und der Ölpreis gleich bewegen. Ein Wert von 1,0 würde bedeuten, dass wenn der Ölpreis steigt der Aktienmarkt sinkt.
Bildquelle: Hubert Financial Digest, Grafik: boerse.ARD.de
Wir sehen, wie die Korrelation vom "Nicht Vorhandensein" Anfang der 90er Jahre ins Negative fällt, um anschließend ins Positive zu steigen, gefolgt von einem erneuten Rückgang.
Solch eine wechselnde Korrelation lässt wie schon zuvor beschrieben keine Schlussfolgerungen auf die Zukunft zu, solange man nicht die äußeren Umstände und Faktoren genau kennt und ausarbeitet.
Mir reicht es also nicht wenn ich abends auf den Ölpreis schaue und dieser notiert z.B. mit 1,5% im Minus, sodass ich automatisch sagen kann: „Ok, dann werden meine Aktien und ETFs auf Indizes mit Sicherheit gestiegen sein, klasse.“
Zwischenfazit: Der Ölpreis ist kein Indikator für den Aktienmarkt!
Gibt es aber einen Index, Basiswert etc. für den man den Ölpreis als (Unterstützungs-) Indikator nutzen könnte? Dazu habe ich mir im folgenden einmal einzelne Aktien sowie den US-Dollar angeschaut.
Wie steht es um die Korrelation zwischen Ölpreis und Öl-Aktien?
Die bekannten Aktienindizes, in unserem Fall der DAX, weisen also keine Verbindung zum Ölpreis auf, die einen "sicheren" Trade zulassen würde. Doch wenn wir etwas tiefer in die Thematik einsteigen, finden wir mögliche Ansatzpunkte bei rohstoffnahen Aktiengesellschaften.
Schauen wir uns integrierte Werte wie Royal Dutch Shell, BP oder Chevron an, sehen wir durchaus eine positive Korrelation zum Ölpreis. Laut einem Artikel von finanznachrichten.de lag die Korrelation zwischen Öl und der BP Aktie im Mai 2017 bei 0,49. Daraus lässt sich ableiten, dass der Ölpreis an ca. 49 % der Veränderung der BP-Aktie beteiligt ist. Bezogen auf einen Zeitraum von einem Jahr beträgt die positive Korrelation mit dem Ölpreis sogar 0,56.
Wer also von einem steigenden Ölpreis profitieren möchte, aber nicht direkt in Rohstoffe investieren will (Rollverluste, Zeitwert), sollte sich einmal mit den Aktien der großen Ölkonzerne beschäftigen.
Wie sieht es beim USD aus?
Dieser folgende Chart vergleicht den US-Dollar-Index mit der Rohölsorte WTI (West Texas Intermediate). Der US-Dollar-Index ist ein Index, der den Wert des US-Dollar im Vergleich zu einem Währungskorb aus verschiedenen Währungen misst (u.a. Euro, Pfund, Yen, Franken, Kronen).
Bildquelle: Research.stlouisfed.org, Grafik: boerse.ARD.de
Hier erkennt man im dargestellten Zeitraum eine negative Korrelation. Anfang 2002 markiert der US-Dollar-Index seinen Hochpunkt, wohingegen der Ölpreis sein Tief in diesem Zeitraum markiert.
Von dort aus kommt es bis 2008/2009 zu einem Verfall des Dollars. Der Ölpreis läuft jedoch genau entgegensetzt und erzielt einen neuen Hochpunkt.
Nach der Finanzkrise steigt der USD wieder, wohingegen der Ölpreis sich von seinem Hoch verabschiedet. Beide Basiswerte gehen wieder entgegengesetzte Wege. Dies wird nochmal in den starken Bewegungen ab Anfang 2014 deutlich.
Wo vorhin für den Aktienmarkt noch keine Korrelation bestand, lässt sich nun eine zum US-Dollar erkennen. Aber natürlich sollte man auch hier niemals blind einem Index vertrauen um dann auf den anderen zu schließen. Es gibt bei solchen Korrelationen immer wieder Ausnahmen oder Verzögerungen beim Einsetzen dieser Bewegungen.
Es werden niemals zwei Indizes zur gleichen Zeit parallel verlaufen. Man könnte jedoch versuchen, zukünftige Bewegungen zu antizipieren, um dann bei einem möglichen Eintritt schon bereit zu stehen.
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Ausgehend davon, dass der Ölpreis momentan schon länger so niedrig ist und verschiedene Institutionen versuchen den Wert des Öls nachhaltig zu steigern, könnte man sich schon einmal anschauen, welches Abwärtspotenzial der US Dollar in solch einem Fall hätte.
Aber nochmals: Niemals blind den USD shorten nur weil man grüne Vorzeichen beim Ölpreis sieht! Zudem verschieben sich die Korrelationskoeffizienten von Zeiteinheit zu Zeiteinheit. Im Tageschart kann ich also eine andere Korrelation zweier Assets wiederfinden ,als im 4-Stunden-Chart.
Wer im Forexmarkt aktiv ist, der findet eine noch bessere (positive) Korrelation zwischen dem kanadischen Dollar (CAD) und dem Ölpreis. Da Kanada vom Ölexport abhängig ist und viele Beschäftigte in diesem Sektor ihr Geld verdienen, ist die Wirtschaft von den Schwankungen des Ölpreises betroffen.
Daraus folgt, dass ein steigender Ölpreis tendenziell gut für den CAD ist und im umgekehrten Fall negativ. Dieses Wissen solltest du ab sofort bei deinen Trades im CAD berücksichtigen!
Wie sehen deine Erfahrungen zu diesem Thema aus?
Viele Grüße
Andi
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