Was ein Ölpreis bei 50 Dollar für die Weltwirtschaft bedeutet
Von
Tim Grüger
Geschrieben auf
December 11, 2018
Was passiert, wenn der Ölpreis fällt? Welche Auswirkungen ergeben sich bei einem Ölpreis unter 50 Dollar pro Barrel für die Weltwirtschaft? Das erfährst du hier.
Noch vor ein paar Monaten prognostizierten Ölhändler Preise von 100$ pro Barrel Rohöl.
Nun, da der Ölpreis etwa nur noch bei der Hälfte liegt, schauen wir uns zusammen an, was solch ein Kurs für die Weltwirtschaft bedeutet.
Zur Info: Für den prognostizierten Kurs von 100$ pro Fass haben in der Spitze noch 30% Kursgewinn gefehlt.
Der Stand im Dezember 2018:
Aktuell kämpft der Ölpreis mit der Marke von 50$ pro Fass und konnte diese Linie in den letzten Tagen und Wochen noch erfolgreich verteidigen. Die Frage ist wie lange noch?
Chartquelle: Guidants
Vorerst geholfen hat hier das Treffen der großen Ölnationen in der letzten Woche. Die OPEC (Ölförderkartell) hat sich mit Nicht-Mitgliedern in der letzten Woche darauf verständigt, zukünftig die Förderung zurückzufahren. Ein geringeres Angebot bei einer gleichen Nachfrage hat steigende Preise/Kurse zur Folge.
Diese Vereinbarung sollte dem Ölpreis vorerst geholfen haben, das Niveau bei 50$ zu halten. Es gab wohl eine Einigung darüber, dass man zukünftig die Förderung um 1,2 Millionen Barrel pro Tag kürzen wird.
Diese Nachricht sorgte am Freitag noch für schnell steigende Ölpreise. Am Montag kamen jedoch schon erste Zweifel an dieser Einigung auf und der Kurs gab seine Gewinne wieder ab. In den USA läuft die Ölförderung weiter auf einem Rekordniveau und es gibt Nachrichten darüber, dass man dort die Förderung nächstes Jahr weiter erhöhen wird. Das ist natürlich Gift für den Ölpreis.
US-Präsident Trump hat in der Vergangenheit aber auch schon diverse Male erklärt, dass der Ölpreis weiter sinken müsse und er ein Freund von billigem Rohöl ist.
Quelle: Twitter.com
Gewinner und Verlierer bei 50$ pro Fass
Das war es zum aktuellen Stand. Nun schauen wir gemeinsam auf die Gewinner und Verlierer.
Die Gewinner sind die Länder, die zu den Nettoimporteuren von Öl gehören.
Das bedeutet, dass diese Länder mehr Öl aus dem Ausland kaufen als sie (wenn überhaupt) an das Ausland verkaufen.
Die Liste der Nettoimporteure wird angeführt von Südafrika und Südkorea. Diese Länder profitieren natürlich von solchen Kursen, da sie aktuell weniger für ein Fass Öl bezahlen müssen und so das Budget schonen können.
Die Unternehmen müssen weniger für den Import zahlen. Hiervon profitieren auch die Verbraucher, welche beispielsweise an der Tankstelle weniger bezahlen müssen.
Kleiner Exkurs: In den vergangenen Wochen hatten wir in Deutschland eine Ausnahmesituation, da auf Grund der niedrigen Flusspegel die Tankstellen Probleme hatten Benzin zu bekommen und auf kostspieligere Transportmittel- und -wege umsteigen mussten. Diese Mehrkosten wurden an die Autofahrer weitergegeben. Das war u.a. einer der Gründe, weshalb die Verbraucher in den letzten Wochen nicht von den Ölpreisen profitieren konnten.
Nun kann man sich auch die ersten Verlierer von solchen Ölpreisen vorstellen. Wenn die Nettoimporteure zu den Gewinnern zählen, müssen natürlich die Nettoexporteure zu den Verlierern gehören. Also die Länder die mehr Öl an das Ausland verkaufen als sie von diesem erwerben. Größtenteils sind die Verlierer die Nationen Russland, Saudi-Arabien und Kanada.
Anbei eine Übersicht von Bloomberg mit den Nettoimporteuren und Nettoexporteuren.
Quelle: Bloomberg.com
Dies waren nun die ersten und offensichtlichsten Gewinner und Verlierer. Es gibt jedoch noch weitere.
Weitere Gewinner sind die Notenbanken, die schon etwas länger unter dem Druck stehen die Zinsen allmählich zu erhöhen.
Niedrigere Ölpreise senken den Inflationsdruck und können komplette Ausrichtungen von Notenbanken verwerfen und ändern. So geht Bloomberg beispielsweise aktuell davon aus, dass der niedrige Preis die indische Zentralbank dazu veranlassen wird, den Ausblick auf ‚Neutral‘ anzupassen.
Auch gehören die Schwellenländer zu den Gewinnern (Nettoimporteure). Hier profitiert das BIP der Länder, welches laut Analystenschätzungen pro 10$ Preisrückgang um etwa 0,5%-0,7% ansteigt.
Umgekehrt verlieren die Exporteure (primär Russland und Saudi-Arabien). Für die Golfstaaten erwarten Analysten pro 10$ Rückgang einen BIP Rückgang um ca. 3%-5% auf Jahresbasis. Für Russland erwartet man einen Rückgang um 1,5%-2,0% auf Jahressicht.
Für uns in der Eurozone (Nettoimporteure) hat man eine Veränderung des BIP um ca. 0,4% je 10$ Preisveränderung berechnet.
Gewinner oder Verlierer am Forex-Markt?
Zu den Verlierern am FX-Markt dürfte auch der Kanada-Dollar (CAD) gehören.
Der Kanada-Dollar und der Ölpreis korrelieren positiv miteinander. D.h. ein steigender Ölpreis ist tendenziell gut für den CAD und umgekehrt.
Da Kanada vom Ölexport abhängig ist und viele Beschäftigte in diesem Sektor ihr Geld verdienen, ist die Wirtschaft von den Schwankungen des Ölpreises betroffen.
Umgekehrt gehört der US-Dollar (USD) zu den Verlierern.
Wie in der unteren Grafik zu sehen besteht größtenteils eine negative Korrelation zwischen dem Ölpreis und dem USD.
In den meisten Phasen, in denen der Ölpreis gefallen ist kam es zu gewinnen im USD und umgekehrt.
Bildquelle: Research.stlouisfed.org, Grafik: boerse.ARD.de
Vorsicht: Bitte niemals eine dieser Währungen handeln nur weil beim Ölpreis ein grünes oder rotes Vorzeichen steht. Es geht darum, dass auch der Ölpreis einen Einfluss auf die Währungen hat und er eine Trade-Entscheidung mit unterstützen kann.
Ich hoffe, dass ich dir mit diesem Artikel wieder ein wenig mehr Wissen für deinen Trading Alltag liefern konnte und du nun zukünftig Bescheid weißt, wer weltweit zu den Gewinnern und Verlieren von niedrigen aber auch hohen Ölpreisen zählt und du dementsprechend die Info mit in deine Entscheidungen einfließen lassen kannst.
Grüße
Andreas