Wie du Fibonacci Retracements im Trading nutzt (Anleitung)
Von
Tim Grüger
Geschrieben auf
February 23, 2019
Fibonacci Retracements sind ein beliebtes Trading Tool der Charttechniker.
In bestimmten Phasen können Trader damit bestimmte Kursbewegungen prognostizieren.
Hier lernst du Schritt für Schritt, wie es geht.
Fibonacci Retracements stammen aus der Mathematik des 14.Jahrhunderts.
Die Fibonacci-Sequenz ist eine der bekanntesten Formeln in der Mathematik.
Jede Zahl in der Sequenz ist die Summe der beiden Zahlen, die ihr vorausgehen.
Achte mal darauf: 0, 1, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 und so weiter.
Die mathematische Gleichung, die sie beschreibt, lautet Xn+2= Xn+1+1 + Xn.
Das kuriose ist, dass uns die Fibonacci Folge täglich begegnet, insbesondere in der Kunst und der Natur.
Ja ich weiß, du möchtest den Zusammenhang der Fibonacci-Folge und dem Börsenhandel verstehen.
Genau das schauen wir uns jetzt an.
Wie wird das Fibonacci Retracement im Trading genutzt?
Die Methode des Fibonacci Retracements lässt sich im Trading verblüffend präzise zur Vorhersage von Kursbewegungen anwenden.
Es ist ein klassisches Instrument der Charttechnik. Einer der Pioniere der Charttechnik war Ralph Nelson Elliott.
Für Elliott verlaufen Aktienmärkte in Wellen, ähnlich den natürlichen Gezeiten im Meer.
Eine Aktienhausse entspricht demnach der Flut, welche von der Ebbe (Baisse) irgendwann abgelöst wird.
Elliott benutzte die Zahlenfolge von Fibonacci, um das Ausmass der Ebbe (also der Kurskorrektur) zu prognostizieren.
Er zerteilte die Strecke zwischen Hoch- und Tiefpunkt einer Bewegung entsprechend den Regeln des Goldenen Schnitts.
Als Resultat ergaben sich drei wichtige Marken, die von großer Bedeutung sind.
Neben 38,2% sind es sowohl 50% als auch 61,8%.
Behalte diese Marken im Hinterkopf!
Denn genau diese Marken sind bedeutende Widerstands- und Unterstützungszonen in der Charttechnik.
Es ist teilweise schon erschreckend, wie genau der Kurs an diesen Marken dreht.
Wo finde ich das Fibonacci Retracement und wie lege ich es an?
Generell nutzen wir dieses Tool, um das Ende einer Korrektur festzustellen.
Was war nochmal eine Korrektur?
Es ist die Gegenbewegung zu einer langen Bewegung im Rahmen eines Trends.
Im Bild sehen wir erst einen Abwärtstrend. Dieser besteht aus Abwärtsbewegungen (blau) und Korrekturbewegungen (rosa).
Da es ein Abwärtstrend ist, sind die Abwärtsbewegungen länger als die kurzen Zwischenkorrekturen.
Wie immer ist ein Trend irgendwann vorbei und es tritt ein Trendwechsel ein (hier grüner Pfeil).
Nun folgen lange Aufwärtsbewegungen mit kurzen Zwischenkorrekturen.
Manche Trader haben den Einstieg in den Aufwärtstrend verpasst und wollen aber dennoch irgendwie in den Markt kommen.
Die Fragen, die sich ein Trader immer wieder stellt, lautet:
- "Warte ich ab und riskiere, dass der Trend ohne mich weiterläuft?"
- "Ist diese Bewegung nun zu Ende und folgt eine Korrektur?"
- "Ja, es ist eine Korrektur, aber wo könnte diese zu Ende sein, sodass ich einen guten Einstieg finde?"
Um eine bessere Entscheidung für oder gegen einen Trade treffen zu können, nutzen Trader diverse Hilfsmittel.
Es können technische oder fundamentale Indikatoren sein.
Das Fibonacci Retracement ist ein technischer Indikator und hilft uns, das mögliche Ende einer Korrekturbewegung festzustellen.
Oben haben wir eine lange Aufwärtsbewegung gesehen.
Die Frage ist nun, wo finde ich das Tool?
Wenn du mit dem Metatrader arbeitest, findest du es im Menü unter "Einfügen" -> "Fibonacci" -> "Rücksetzungsebenen".
Jetzt, wo du weißt, WO du das Fibonacci Retracement findest, müssen wir noch klären, WANN du es anwenden kannst.
Wann setze ich das Fibonacci Retracement im Chart ein?
Wir wissen bereits:
Nach einer langen Aufwärtsbewegung kommt es immer wieder zu Korrekturbewegungen.
Mit Hilfe des Fibonacci Retracement wollen wir nun antizipieren, wie weit die Korrektur gehen könnte bzw. wo sie endet und sich ein Einstieg in Trendrichtung lohnt.
Wenn wir also sehen, dass eine lange Aufwärts- (oder Abwärtsbewegung) ins Stocken gerät und sich ein Top (oder Boden) ausbildet, dann können wir das Fibonacci Tool an die komplette Strecke anlegen.
Je länger die Strecke, desto besser.
Dann klickst du in deiner Chartsoftware auf das Fibonacci Tool und ziehst es mit gedrückter Maustaste vom Tiefpunkt zum Hochpunkt.
Das Tool fügt dann automatisch die gewählten Rücksetzungsebenen ein.
Die 0% befinden sich am Ende der Bewegung (hier am Top), es folgen 23,8%, 38,2%, 50,0%, 61,8% und der Beginn der Bewegung (100%).
Wir konzentrieren uns, wie oben erwähnt, auf die 38,2er, 50,0er und 61,8er Marke.
Dort können wir dann auf einen Rebound setzen, in dem wir einen Long-Einstieg tätigen.
Wäre es hier ein Abwärtstrend, würden wir entsprechend Short handeln.
In diesem Falle suchen wir einen Long-Einstieg, da der Trend übergeordnet Long ist und wir eine günstige Gelegenheit suchen, um an der Long-Welle teilzunehmen.
Im Bild sieht man, dass der Kurs an dem 38,2er Level bereits angekommen ist und erstmal einen Rebound vollzogen hat.
So wie es aussieht, ist dies aber nicht nachhaltig und der Kurs geht nochmal eine Etage tiefer.
Vielleicht bis zum 50er Level?
Wenn wir die drei maßgeblichen Trading Stile (Scalping, Daytrading, Swingtrading) betrachten, kann der Einstiegskurs für alle gleich sein.
Wer an ein Ende der Korrektur und die Wiederaufnahme des Aufwärtstrend glaubt, setzt seine Buy Limit Order und wartet ab, bis der Kurs das Level erreicht.
Der Einstieg kann also für alle Tradingstile gleich gewählt sein. Die Trader setzen an dem jeweiligen Fibonacci Level auf einen Rebound.
Nun trennt sich die Spreu vom Weizen.
Der Scalper will nur einen kurzen Rebound von 5 oder 10 Pips bzw. Punkten mitnehmen und ist dann bereits fertig.
Ihn interessiert nicht, ob der Trend wirklich fortgeführt oder beendet wird.
Er will lediglich einen Ruck im Orderbuch sehen und dieses Übergewicht der Käufer ausnutzen.
Der Daytrader will mehr sehen.
Er richtet sein Take Profit zum Beispiel am letzten Tageshoch aus und möchte vielleicht 20-100 Pips mitnehmen.
Der Swingtrader ist noch gelassener und möchte nicht nur eine Rückkehr zum Top erleben, sondern eine darüberhinausgehende Trendfortsetzung.
Und so wie das Take Profit gewählt wird, so muss natürlich auf der anderen Seite der Stop Loss gewählt sein.
Alles in Einklang mit der Positionsgröße. Als Beispiel für einen Daytrade dient das nachfolgende Bild.
Hier wurde eine Aufwärtsbewegung entdeckt.
Der Kurs hat sein Top gefunden und begann mit der Korrektur.
Erst dann konnte der Trader das Fibonacci Tool anwenden und die Rücksetzungsebenen einzeichnen.
Er entschied sich für einen Einstieg am 50,0er Level, eine Stop Loss Absicherung unterhalb des 61,8er Levels und einen Take Profit am letzten lokalen Hochpunkt.
An diesem Beispiel hast du die einfache, aber dennoch präzise Funktionsweise der Fibonacci-Retracements kennen gelernt.
Du kannst das Traden nach diesem Setup ganz einfach einstudieren, in dem du dir historische Kursverläufe anschaust und mit deinem Chartprogramm die Hoch- und Tiefpunkte verbindest.
Noch ein paar Tipps zum Fibonacci Retracement:
- Es wird immer die aktuelle Bewegung betrachtet.
- Kombiniere die Fibos 38er, 50er und 61er mit einem Unterstützungslevel oder einem Widerstandslevel (siehe Charts)
- Nutze Fibos zunächst in größeren Zeiteinheiten ab 1h-Chart
Die Fibos funktionieren in höheren Zeiteinheiten gut, weil viele Marktteilnehmer (auch Institutionelle) auf diese Level achten und dementsprechend Ihre Orders platzieren.
Vor allem das 50,0er Level findet große Beachtung unter Tradern und Spekulanten.
Die Chance auf einen Gewinntrade wird erhöht, wenn in diesem Zielbereich weitere Indikatoren wie PivotPoints oder Widerstands-/Unterstützungszonen liegen.
Selbstverständlich kann man auch Abwärtstrends mit Hilfe des Fibonacci Retracement handeln.
Wie erwähnt geht es darum, mit Hilfe dieses Tools einen Widereinstieg in einen Trend zu finden.
Was sind Fibonacci Extensions?
Das Fibonacci-Retracement haben wir ausführlich behandelt.
Es ist ein Standardmaß für Unterstützungs- und Widerstandswerte im Markt.
Diese Werte werden berechnet, indem die Retracement-Level zwischen zwei Hoch- und Tiefpunkten (Trend) analysiert werden.
Die nächste Frage, die wir uns als Händler stellen müssen, ist, was passiert, wenn der Preis die Swing Points überschreitet, die wir zur Berechnung unserer Fibonacci-Werte verwenden?
An welchem Punkt wollen wir unsere Position schließen? Gibt es vielleicht eine andere Möglichkeit als die bereits vorgestellte Methode, die letzten lokalen Hochpunkte (oder Tiefpunkte bei Short) zu nutzen?
Hier kommen die Fibonacci Extensions ins Spiel.
Fibonacci-Erweiterungen bieten Preisziele, die über eine 100%ige Rückführung eines vorherigen Zuges hinausgehen.
Die Niveaus für Fibonacci-Erweiterungen werden berechnet, indem man die gewöhnlichen Fibonacci-Level nimmt und sie zu 100% addiert.
Daher sind die Extensionsebenen für Fibonacci wie folgt: 138,2%, 150%, 161,8%, 231,8%, 261,8%, 361,8% und 423,6%.
Beachtet werden hier vor allem das 150 und 161,8er.
Anbei ein Beispiel.
Dieses Tool kann also zur Kurszielbestimmung genutzt werden.
Die jeweiligen Ebenen kannst du im Metatrader 4 mit einem Rechtsklick auf die eingezeichnete Fibonacci Retracement Strecke individuell wählen.
Und jetzt?
Du weißt jetzt, wie Fibonacci Retracements im Trading genutzt werden können. Klasse!
ABER: Du hast damit nicht mal 2% des Weges zum erfolgreichen Trader geschafft.
Fibonacci Retracements sind natürlich keine Allzweckwaffe.
Die gibt es beim Trading nicht.
Hier werden Wahrscheinlichkeiten gehandelt und Risk- und Moneymanagement berücksichtigt.
Die Fibos bieten dir aber eine gute Möglichkeit, einen Abpraller nach erfolgter Korrektur zu handeln - und zwar sowohl long als auch short!
Du kannst dieses Instrument ohne Risiko im Rahmen von Backtests und Papertrades einfach testen und dein Trading optimieren.
AlsDaytrader ist es für mich ein Tool, was meinen Trade optimieren kann, aber niemals die alleinige Begründung für einen Long oder Short darstellt.
Denn hier kommt die Trade Idee immer aus der fundamentalen Analyse (Wirtschaftsdaten, News, etc.).
In einem kostenlosen Newstrading Webinar erfährst du mehr zu meiner Trading Strategie und wie du sie selbst (nebenberuflich) umsetzt.
Viel Erfolg
Tim