Trading mit Angst oder Selbstvertrauen?
Von
Tim Grüger
Geschrieben auf
March 22, 2017
Trader sind täglich Emotionen ausgesetzt. Wer Angst und Gier besiegen will, benötigt Selbstvertrauen. Wie du Selbstvertrauen aufbaust, erfährst du hier.
Der ein oder andere hat es mitbekommen. Wir haben in der letzten Zeit viele Telefonate mit unseren Lesern geführt, um zu Ergründen, wo die Probleme im Tradingalltag liegen.Kurz zusammengefasst hat bei vielen das Thema "Strategieentwicklung" die oberste Priorität. Doch auffällig war noch ein ganz anderer Aspekt, der vielen nicht wirklich bekannt ist.Die Rede ist von zwei starken Emotionen im Trading:Angst und SelbstvertrauenDiese beiden Eigenschaften bzw. Gefühle begleiten uns tagtäglich im Trading. Leider überwiegt bei den meisten Einsteigern die Angst.Angst ist ein Zustand, der von der grundsätzlichen Überlegung her den Fortbestand unserer Spezies schützen soll.Doch im Trading ist Angst pures Gift!
Wie äußert sich diese Angst im Trading?
Dazu fallen mir zwei Beispiele ein.Trader A ist seit ein paar Wochen aktiv. Er hat zwei Tradingbücher gelesen und weiß nun, was Fibonacci Retracements und Moving Averages sind. Er bastelt sich auf dem Papier sein eigenes "Tradingsetup" und will im DAX nun täglich ein paar Gewinntrades machen.In den ersten beiden Tagen ist der DAX relativ ruhig und pendelt in einer 150 Punkte Range. Seine Indikatoren funktionieren ganz ordentlich und er macht 4 Gewinntrades und 1 Verlusttrade. Seine Euphorie steigt von Stunde zu Stunde und auch der 6. Trade ist wieder ein Gewinn. Tage später nimmt die Volatilität im DAX zu und es kommen die ersten Fehltrades. Trader A ist etwas irritiert, aber in Summe ja noch im Plus.Die nächsten Tage sind weiterhin volatil und der DAX "macht was er will". Mal sieht es im 15 Minutenchart nach einem klaren Shortsignal aus und dann, wenn er short positioniert ist, dreht der Markt scharf nach oben. Es folgen 4 Fehltrades und Trader A ist sehr verunsichert. Nach 1 Gewinntrade aber 3 weiteren Fehltrades mündet die Unsicherheit in Angst.Er zweifelt an seinem Setup (zurecht?) und traut sich nicht mehr den nächsten Trade einzugehen. Sein Risikomanagement wird völlig über den Haufen geworden, ein Stop Loss wird nun gar nicht mehr gesetzt. Die Angst vor dem nächsten "Nein" des Marktes ist nun einfach zu groß.Kommen wir zu Trader B.Trader B ist seit 2 Jahren aktiv. Er hat viele Finanzinstrumente probiert und auch viele Strategien. Mal handelt er aus dem 5 Min Chart heraus. Mal will er einen Swingtrade für mehrere Wochen halten.Er weiß bereits, wie wichtig Risikomanagement und die Kontrolle der Emotionen im Trading sind. Dennoch kommt er in Summe nicht vorwärts. Nach einer erfolgreichen Tradingwoche und der Hoffnung, nun endlich dauerhaft profitabel zu handeln, folgt meist eine Abweichung vom eigentlichen Tradingstil und es kommt zu Sinnlos-Trades.Er ärgert sich über sich selbst, weil die zweite Tradingwoche mehr Verluste erzielt hat, als die Woche davor an Gewinnen. Fazit: Rückschritt.Trader B hat Angst, dass er niemals erfolgreicher Trader wird und seinem Ziel der finanziellen Freiheit nicht näher kommt. Verbissen versucht er täglich, endlich die ultimative Strategie zu entwickeln.
Zusammenhänge zwischen Trader A und Trader B
Auch wenn beide unterschiedliche Fachkenntnisse und Erfahrungswerte im Trading haben, gibt es dennoch Gemeinsamkeiten.Beide haben noch nicht das richtige Setup bzw. die richtige Strategie gefunden. Beide kämpfen mit Ihren Emotionen, besonders der Angst. Angst vor dem nächsten Fehltrade. Angst zu versagen.Wie kommen beide aus diesem Dilemma heraus?Der Schlüssel liegt in der zweiten wichtigen Eigenschaft im Trading:Selbstvertrauen!Wie genau Selbstvertrauen im Trading generiert wird und wie wir es einsetzen können, um erfolgreich zu traden, erfährst du jetzt im weiteren Verlauf.
Selbstvertrauen aufbauen - Wann und wie?
Ganz einfach ausgedrückt verdeutlicht Selbstvertrauen, dass ich mir einer Sache sicher bin.Nun erlebe ich täglich, dass Tradinganfänger sagen: "Jetzt wird der DAX steigen".Fortgeschrittene wissen bereits, dass diese Aussage naiv und gefährlich ist, da niemand weiß, wie der Kurs in der nächsten Minute, Stunde, Woche,.. aussehen wird. Trotzdem ist auch diese Form der Äußerung eine Art des Selbstvertrauens.Doch es ist nicht der Ansatz, den wir hier verfolgen wollen.Es gibt auch Profis, die diese festgefahrene Marktmeinung besitzen. Vereinzelnd sind Hedgefonds-Manager so überzeugt von einem Ereignis (Marktzusammenbruch, Insolvenz einer AG, etc.), dass sie im Verlust immer wieder verbilligen (nachkaufen) und zwar in ungesunder Positionsgröße.Diese Haltung kann gut gehen und große Gewinne bescheren, doch die Pleite des Fonds ist allgegenwärtig.Was wir brauchen ist ein gesundes Selbstvertrauen in unser Tradingsetup und keine festgefahrene Marktmeinung!Trader benötigen ein feststehendes Setup mit klaren Regeln. Trotzdem muss dieses Setup eine gewisse Flexibilität zulassen und eine plötzliche Änderung des Sentiments an den Märkten berücksichtigen.Das schriftlich festgehaltene Setup bringt uns schon (sofern vernünftig überprüft) eine ordentliche Portion Selbstvertrauen, um auch mal schwierige Phasen auszuhalten.Erinnern wir uns daran, dass im erfolgreichen Trading immer 2 Schritte vor und ein Schritt zurück gemacht werden.Doch das Setup alleine hilft uns noch nicht, nachhaltig erfolgreich zu traden.Wir brauchen noch mehr Selbstvertrauen, um in schwierigen Phasen nicht an uns und dem Setup zu zweifeln. Das ist wichtig, damit wir überwiegend die richtigen Entscheidungen treffen und keine Angst davor haben.Wie können wir uns also mit Selbstvertrauen versorgen?Zum einen wollen wir mit unserem persönlichen Tradingsetup, bestehend aus Tradingstil, Risikomanagement und Charaktereigenschaften, die Basis für gesundes Selbstvertrauen aufbauen.Zum anderen müssen wir aber auch täglich nach Quellen suchen, die uns in unserem Denken und Handeln bestärken.
Welche Parameter geben mir Selbstvertrauen im täglichen Trading?
Ich möchte erst noch einmal daran erinnern, dass das eigene Tradingsetup in verschiedenen Marktphasen Erfolge erzielt haben muss.Wer noch keine Ideen für ein eigenes Setup oder den Tradingstil hat, kann sich hier Input holen:
Wenn das Grundgerüst steht, können wir uns mit Selbstvertrauen versorgen.Auch hier der wichtige Hinweis, dass Verlusttrades dazugehören, es aber gute und schlechte Verlusttrades gibt.Gute Verlusttrades passieren, wenn das Setup eingehalten wurde, der Markt aber dieses Mal entschieden hat, eine andere Richtung zu bevorzugen.Schlechte Verlusttrades sind solche, die aus Langeweile oder ohne Berücksichtigung des eigenen Setups eingegangen worden sind.Es versteht sich von selbst, dass du schlechte Verlusttrades vermeiden musst!Ich möchte das Thema Selbstvertrauen nun erörtern, in dem ich zeige, wie ich mich täglich damit beschäftige und auf welche Parameter ich achte.Ich habe ein Tradingportfolio aus Einzelstrategien, die zu mir passen und über Jahre entwickelt wurden. Zu 80% handel ich das Forex Newstrading.Kurz zusammengefasst gehe ich täglich wie folgt vor:
- Wie sehen die Fundamentaldaten der betrachteten Währung aus?
- Wie sieht das Sentiment am heutigen Tag aus?
- Welche Währung ist stark, welche schwach (auf Basis Punkt 1 und 2)?
- Wie sieht der 4h Chart, der 1h Chart und der 15 Min Chart aus?
- Gehe ich direkt in den Markt oder erst in einem bestimmten Bereich?
Diesen Plan verfolge ich jeden Tag.Rate mal wie der Plan der meisten (nicht erfolgreichen) Trader aussieht?......Genau. Er besteht lediglich aus Punkt 4.Egal ob DAX Chart, EUR/USD Chart, Gold Chart oder wo auch immer.Und jetzt rate mal, über welche Punkte ich mir mein tägliches Selbstvertrauen für meinen Handelsansatz und den einzelnen Trade hole?......Richtig. Über die Punkte 1 bis 3. Überrascht?Das tägliche Sentiment und die fundamentale Ausrichtung (Zentralbanken - Geldpolitik) gibt mir das nötige Selbstvertrauen.Wenn ich eine FX Position offen habe und der Kurs zunächst gegen mich läuft, weiß ich, dass diese Bewegung gegen das fundamentale Bild gehandelt wird und nicht nachhaltig ist, solange das Sentiment sich nicht großartig ändert.Dadurch bekomme ich keine Panik bei temporären Buchverlusten und habe die nötige Gelassenheit, die so wichtig ist im Trading. Habe ich diese Gelassenheit auch, wenn ich nur vor den Charts hocke und jedem Tick hinterherjage? Rhetorische Frage...Ich kann nicht verstehen, wieso Leute nur auf Basis der Charttechnik traden. Klar gibt es unterschiedliche Handelsansätze, aber Kurse werden nicht auf Basis von Unterstützungen, Widerständen und Co. gebildet. Sie dienen höchstens als Optimierung für Ein- und Ausstiege, aber niemals für eine Tradeentscheidung.Wer mich kennt weiß, dass ich nicht viel von Trading im DAX halte. Hier gibt es gerade im Minutenchart so viel Unruhe, dass kaum ein Setup funktioniert.Aber wenn DAX Trading, dann muss ich wissen, warum der DAX gerade um 50 Punkte in 5 Minuten gefallen ist.Fragen die du dir in solch einem Fall beantworten musst:
- Was machen die US-Indizes gerade? Fällt SP500 ebenfalls?
- Gibt es Schlagzeilen im Newsfeed? Politik? Zentralbanken?
- Wie sieht der USD/JPY aus? Gibt es hier vielleicht Umschichtungen im großen Stil? Stichwort: Safe Haven Flow.
Wenn ich diese Fragen in der jeweiligen Situation beantworten kann, kann ich antizipieren, ob der aktuelle Move nur Spielerei oder der Anfang einer längeren Korrektur ist.Ergo weiß ich, wie ich mit bestehenden Positionen umzugehen habe und treffe keine aus der Angst heraus getriebene, vorschnelle Entscheidungen.Am Abschluss des Handelstages kann ich auch auf das gehandelte Volumen im 1T-Chart schauen. Ist es übermäßig groß, könnte es zu einem Umschwung kommen.Denke daran, dass Kapital durchschnittlich alle 6 Monate im großen Stil umgeschichtet wird. Geld muss sich bewegen, sonst funktionieren Märkte nicht.
Fazit:
Wir brauchen Selbstvertrauen im Trading, um erfolgreich zu sein. Angst ist hingegen ein großes Hindernis.Dieses Selbstvertrauen gewinnen wir durch ein erprobtes Setup, aber auch durch tägliches Observieren verschiedener Märkte und News, wie oben beschrieben.Am langen Ende ist Trading ein kontinuierlicher Prozess aus Informationen sammeln, Analysieren und Entscheidungen treffen.Um die (überwiegend) richtigen Entscheidungen zu treffen, müssen wir mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen ausgestattet sein.
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